Nach langer Abstinenz waren wir am letzten Wochenende wieder mal in Warnemünde. Das erste mal mit unserem neuen Wohnmobil. Am Freitag kamen wir auf dem gut gefüllten Stellplatz auf der Mittelmole an und haben auch noch ein angenehmes Plätzchen in der zweiten Reihe gefunden. Wären wir den Hinweisen gefolgt – Mittelmole voll für Wohnmobile – hätten wir uns geärgert, aber manchmal muss man auch die nötige Chuzpe besitzen und ein wenig Glück haben. So konnte das Projekt „Schiffe gucken“ – nur deswegen wollen ja alle auf die Mittelmole – starten.
Zum Auftakt am Freitag lag die MSC Seaview am neuen Cruiseterminal und bei schönstem Sommerwetter war Warnemünde knackevoll mit Besuchern. Auch der erste Strandabschnitt bis grob zum Neptun war gut gefüllt. Wollten erst ne Runde baden, aber wir habens dann bei einem Cocktail bei Treichel mit Blick aufs Wasser belassen. Angenehmes und ruhiges Ambiente, einem künftigem Pensionär (ab heute noch 100 Tage) angemessen.
Am Samstag haben wir unsere obligatorische Wanderung nach Wilhelmshöhe gemacht mit lecker Fisch im Restaurant auf den Klippen und weitem Blick über die Ostsee mit ihren Segelbooten. Spontan hab ich mir überlegt mit einem der Segler – die liegen ja direkt vor den Wohnmobilstellplätzen – einen Segeltörn über die Ostsee zu machen. Die bieten das zweimal am Tag an, jeweils zweieinhalb Stunden für 30€. Einmal die „Tolkien“ und dann noch die „Morgenster“, beides holländische Klipper und Segelschulschiffe die sich damit ein bisschen Zubrot verdienen.
Ich hatte das ja schon mal gemacht vor gut 8 Jahren, damals bin ich mit der „Präsident Freiherr von Maltzahn“ ausgelaufen. Das Wetter war gut, die Ostsee platt und der Wind eher so lau, am Ende mussten wir sogar den Motor anwerfen um überhaupt wieder zurück in die Warnow zu kommen. Diesen Samstag war das anders. Freitag Abend hatte der Wind bereits kräftig aufgefrischt und die Böen rüttelten unser Wohnmobil gut durch.
Ich laufe also gegen halb zwei zügigen Schrittes die rund 5 Kilometer von Wilhelmshöhe zurück, um mich für eins der beiden Schiffe zu entscheiden, die beide um 15 Uhr auslaufen wollen. Die spontane Entscheidung fällt auf die Morgenster. Laut einer Website ist die Morgenster „…eine Brigg, ein zweimastiges Segelschiff vollständig quer getakelt. Diese besonders schöne Takelage wurde den amerikanischen Klippern aus dem 18. Jahrhundert nachempfunden.“
Um kurz vor drei heißt es „Alle Mann an Bord“ und wir legen ab. Die „Tolkien“ folgt uns direkt im Kielwasser. Noch vor den beiden Molenfeuern werden mit kräftiger Unterstützung der zahlreichen Mitsegler die Segel gehisst. Der Wind bläst kräftig genug, um das Schiff in Fahrt zu bringen. Der Wind hat aber auch dafür gesorgt, dass die Ostsee – anders als gestern noch – ein wenig rauer geworden ist. Mit Schräglage und kräftigem Auf und ab schaukeln wir uns hinaus auf die Ostsee.

Wie auch beim letzten Törn ist meine innere Aufgabe erstmal Fotos zu schießen. Ich habe etwas zu tun und merke den Seegang gar nicht so. Nach einer guten Stunde kommt die Kamera in die Tasche und mein Magen registriert jetzt doch etwas genauer, dass sich da was unnatürlich bewegt. Ich suche mir also ein ruhiges Plätzchen mittschiffs und konzentriere mich auf den Horizont. Nur nichts anmerken lassen. Dem Rest der Mitsegler scheint es gut zu gehen, es wird kräftig Bier geordert. Ich lasse mich auf einen Kaffee ein, damit der Magen was zu tun hat und versuche das flaue Gefühl zu ignorieren.
Als dann die Wende eingeleitet wird – alle müssen wieder anpacken – bin ich froh, dass es zurückgeht. Aber noch steht mir eine gute Stunde bevor, bis wir wieder die Molenfeuer passieren und es schlagartig ein Ende hat mit der kabbeligen Ostsee. Unser treues Schiff dreht sogar noch eine Ehrenrunde rund um die AIDAsol die am Cruise Terminal liegt, mit der wir ja im Juli die Tour von Kiel nach Warnemünde gemacht haben. Ein schöner Abschluss des Segeltörns, aber ich glaub ich belass es bei den großen Schiffen. Da sind die Stabilisatoren besser, auch wenn mir eine Mitseglerin beim Segelhissen begreiflich machen wollte, das nur Segeln das wahre Erlebnis auf See ist. Mag ja sein, aber dazu müsste ich resistenter gegen Wellengang werden.
Am Ende der Story hier noch ein paar Bilder von Bord der Morgenster.