Am Lido

Am Osterwochenende ist das Strandbad Wannsee in Berlin traditonell geöffnet. Der Eintritt ist frei. Eine gute Gelegenheit mehrere Dinge miteinander zu verbinden. Zum Einen bietet das 29€ Ticket, was in Berlin noch bis Ende des Monats genutzt werden kann, an Wochenenden und Feiertagen eine Fahrt mit der Bahn für zwei Personen. Der Bahnhof Wannsee ist dabei die letzte Station im Bereich B, also noch erreichbar. Zum Anderen kann man im Strandbad bis August diesen Jahres die Ausstellung „Am Lido“ besuchen. Die Künstlerin Christina Kisorsy kontrastiert in der kleinen Ausstellung farbige Bilder vom Strandbad Wannsee, mit schwarz-weißen Bilder vom Lido an der Côte d’Azur in Nizza.

Der Tagesspiegel schreibt dazu: „Vor 93 Jahren wurde das Strandbad eröffnet, schnell trug es den Beinamen „Lido von Berlin“. Das Bad trug dem Bedarf nach einer Freizeit- und Naherholungsstätte für jedermann Rechnung; es war, wie es die Fotografin Christine Kisorsy nennt, „ein architektonisches Sinnbild für den demokratischen Aufbruch der Gesellschaft der Weimarer Republik“.

Ich hatte ein wenig mehr erwartet, aber das sonnige Osterwetter entschädigt für die kleine Ausstellung. Jede Menge sonnenhungrige Berliner:innen bevölkeren den Strand, ganz Mutige wagen sich bei Wassertemperaturen um die 10 Grad, sogar ins Wasser. Der Bademeister weist per Durchsage – mangels Badeaufsicht am Strand – darauf hin, nicht tiefer als bis zur Brust ins Wasser zu gehen. Bis man das am Wannsee allerdings schafft, ist man schon fast auf der anderen Seite. Auch die drei Saunawagen sind sehr beliebt und jede Stunde wird zum „Aufguss“ gerufen.

Stadtbaurat Martin Wagner und Magistratsoberbaurat Richard Ermisch errichteten das Strandbad zwischen 1928 und 1931 als ein modernes „Weltstadtbad“ im Stil der Neuen Sachlichkeit, als Reaktion auf den steigenden Bedarf an Naherholungs-, Freizeit-, und Sportanlagen der enorm wachsenden Metropole Groß-Berlin. Die Architektur mit den gelben Fliesen hat auch heute noch einen gewissen Charme.

Ein Teil des Strandbades ist heute allerdings eher ein „Lost Place“. Gerade am südlichen Ende geht die Galerie in rostige Strukturen über, die früher wohl Teil einer runden Empore waren würde ich schätzen. Auch ein ehemaliges Veranstaltungsgebäude findet sich dort. Aber alles geschlossen und abgesperrt. Hinter folgendem Link der Berliner Bäder (PDF), findet sich die Geschichte des Strandbades, u.a mit einem Bild, wie die ursprüngliche Planung aussah, die mangels Finanzen leider nicht umgesetzt wurde. Sehr schade.

Nach einer Runde Pommes rot/weiß, Bier und Wein zu moderaten Preisen, gehen wir dann zu Fuß durch den langsam ergrünenden Grunewald bis zum Bahnhof Nikolassee, von wo uns die S-Bahn wieder ins Zentrum von Berlin zurückbringt. Zur Hinfahrt hatten wir ab Ostbahnhof die ODEG benutzt, die seit Fahrplanwechsel Betreiber der RE Linie 1 ist.

In einer guten Stunde kann man per Bahn und Bus der Großstadthektik entfliehen und statt der benzingeschwängerten Berliner Luft, einfach ein wenig „Lido“ Luft schnuppern.

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