„Wir kommen in einem Boot über den See gefahren, legen an einer Wasserbrücke an und springen ans Ufer. Ein kurzer Weg, an Parkgrün und blühenden Linden vorbei, führt uns an den Eingang des Hauses.“
Mit diesem Satz aus dem Buch „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ beschreibt Fontane die Ankunft im Örtchen Wustrau am Südende des Ruppiner Sees. Mit „dem Haus“ meint Fontane das Ende des 18. Jahrhunderts erbaute „Zietenschloss“. Heute dient es schön herausgeputzt als „Deutsche Richterakademie“ der Fortbildung von Richtern und Staatsanwälten. Es liegt idyllisch am See und kann nach Absprache auch besichtigt werden.

Vor ein paar Wochen habe ich mich auf die Spuren des „berühmten“ Wanderers Theodor Fontane begeben. Allerdings nicht per Kutsche oder zu Fuß, sondern mit dem Automobil. Angeregt durch das Buch „Fontanes Ruppiner Land“ von Robert Rauh schnappe ich mir Frau und Kamera und mache mich auf den Weg nach Wustrau und dem Zietener Schloss.
Fontane schreibt dazu: „Wustrau liegt an der Südspitze des Sees. Der Boden ist fruchtbar, und wo die Fruchtbarkeit aufhört, beginnt das Wustrausche Loch, eine Torfgegend, die an Ergiebigkeit mit den Linumer Gräbereien wetteifert. Das eigentliche Dorf, saubere, von Wohlstand zeugende Bauerhäuser, liegt etwas zurückgezogen vom See; zwischen Dorf und See aber breitet sich der Park aus, dessen Baumgruppen von dem Dache des etwas hoch gelegenen Herrenhauses überragt werden. Dieses letztere gleicht auf ein Haar den adligen Wohnhäusern, wie sie während der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts in märkischen Städten und Dörfern gebaut wurden.“

Als kleines verschlafenes Dörfchen mit Straßen die überwiegend mit Kopfsteinpflaster belegt sind, erweist sich Wustrau, überrascht uns aber dann doch mit dem Cafe Constance. Das Constance-Haus wurde 1908 errichtet. Der Graf von Zieten-Schwerin machte es seiner Frau Constance anlässlich des 70. Geburtstages zum Geschenk. Uns ermöglicht es auf einen Kaffee mit leckerem hausgemachten Kuchen einzukehren. Hätte ich jetzt gar nicht erwartet. Schließlich ist Herbst und Nebensaison.

Nach der Stärkung gehen wir durch den Park zum See und zum kleinen Hafen, in dessen Nähe die Brunnenskulptur „Seeschlacht“ zu finden ist. Zwischen den Geschlechtern von dem Knesebeck und von Zieten – so die Geschichte – fand einst eine freundliche „Seeschlacht“ statt: „Als Christian von Zieten und Karl Friedrich Knesebeck 1785 vom Militärdienst in ihre Heimat zurückkehrten, packte sie die Langeweile: Es herrschte Frieden in der Region, und die jungen Adeligen aus Wustrau und Karwe hatten nichts zu tun. Also rekrutierten sie kurzerhand ein paar Dorfbewohner und inszenierten ihre eigene „Schlacht“ auf dem Ruppiner See. Scharf geschossen wurde dabei nicht.“ Machte man früher halt mal so, wenn es nix zum Kämpfen gab.

Auch die Kirche und ein ganz spezielles Grab finden Erwähnung in Fontanes Wanderungen…
„Wir verlassen nun den Saal und das Haus, passieren die mehr dem Dorfe zu gelegene Hälfte des Parkes, überschreiten gleich danach die Dorfstraße und stehen jetzt auf einem geräumigen Rasenfleck, in dessen Mitte sich die Dorfkirche erhebt. Der Chor liegt dem Herrenhause, der Turm dem Kirchhofe zu. Zwischen Turm und Begräbnisplatz steht eine mächtige alte Linde. Die Kirche selbst, in Kreuzform aufgeführt, ist ein Ideal von einer Dorfkirche: schlicht, einladend, hübsch gelegen.“
Und auch das Grab von Landrat Friedrich-Emil Graf von Zieten, findet Erwähnung, auch wenn der Betreffende noch gar nicht tot war und sich sein Grab schon zu Lebzeiten gebaut hatte…

„Ein Hünengrab. Der letzte Zieten, klein, wie er war, verlangte doch Raum im Tode. Denn er baute das Grab nicht bloß für sich, sondern für das Geschlecht oder den Zweig des Geschlechts, das mit ihm schlafen ging. Mit Eifer entwarf er den Plan und leitete den Bau. Eine Gruft wurde gegraben und ausgemauert und schließlich ein Riesenfeldstein, wie sich deren so viele auf der Wustrauer Feldmark vorfinden, auf das offene Grab gelegt.“ Und weiter im Kapitel 3 der „Wanderungen“ …
„Als Friedrich Wilhelm IV. im Jahre 1844 den schon oben erwähnten Besuch in Wustrau machte, führte ihn der Graf auch an die Linde, um ihm daselbst das eben fertig gewordene Grab zu zeigen. Der König wies auf eine Stelle des Riesenfeldsteins und sagte: »Zieten, der Stein hat einen Fehler!«, worauf der alte Herr erwiderte: »Der drunter liegen wird, hat noch mehr.“ Schöne Selbsterkenntnis.
Dann sind wir auch mit Wustrau durch und statten auf dem Weg nach Karwe – ein weiterer Ort der Fontane Wanderungen und in diesem Rahmen unser nächstes Ziel – Altfriesack noch einen kurzen Besuch ab. Es gibt dort eine alte Klappbrücke von 1787 und gleich daneben zwei Statuen. Einmal der „Götze von Altfriesack“, eine Replik des „Friesacker Götze“ der heute im „Neuen Museum“ in Berlin zu finden ist und gleich daneben „Des Fischers Traum“ eine überlebensgroße Holzplastik mit aller Arten von Fischen.

Mit dem Denkmal des „Zieten aus dem Busch“ dem Hans-Joachim v. Zieten auf dem Gelände des „Preussischen Museums in Wustrau, verabschiede ich mich von der ersten Etappe der „Wanderungen“ und der ersten drei Kapitel der Fontanschen Wanderungen, die man auch als Buch im Rahmen des Gutenberg-Projektes problemlos nachlesen kann, schließlich ist das Urheberrecht schon lange abgelaufen. Bis zum 200. Geburtstag von Fontane dieses Jahr am 30.12. 19 wird in der ganzen Gegen noch fleissig des Autors und Wanderes gedacht. Unter www.fontane-200.de findet man alle geplanten Veranstaltungen.
Schließen möchte ich diesen – etwas länger geratenen – Artikel schließlich mit einem Zitat von Theodor Fontane der irgendwie auch auf mich zutrifft…
„Erst die Fremde lehrt uns, was wir an der Heimat besitzen„. Wohl war.
Alle Aufnahmen mit der Olympus OM-D E-M5 II und dem 12-40 Pro.