Der neue farbenfrohe „Jim Avignon“ an der East Side Gallery – Foto: h|b
Die East Side Gallery wird von ihren künstlerischen Erschaffern gern schon mal zu einem der wichtigsten Weltwunder hochstilisiert, dabei ist es lediglich eine Hinterlandmauer, auf denen sich viele internationale Künstler in der Nachwendezeit 1990 mit großformatigen Bildern verewigten. Das konnte auch nur diese Mauer sein, da die anderen Mauern meist schon bunt verziert waren und dadurch in kürzester Zeit den Mauerspechten zum Opfer fielen. Die so entstandenen Bilder „dürfen“ eigentlich nur restauriert werden, sollte der Zahn der Zeit zu sehr an ihnen genagt haben. Das ist auch bereits mehrfach geschehen.
Gestern morgen nun entschied sich einer der Künstler, Jim Avignon, mit dieser Tradition und der ungeschriebener Regel zu brechen und malte eins seiner Bilder komplett neu. Zu dieser Guerilla-Aktion erschien er unangekündigt um sieben Uhr mit 20 angehenden Kunststudenten, überpinselte sein Original zuerst mit weißer Farbe und malte sein Berlinbild anschließend komplett neu. Zur Begründung führte er an, dass er sich ja schließlich weiterentwickelt habe und sich das auch in seinem Bild wiederspiegeln sollte.
Ein guter Grund für mich mit der Kamera bewaffnet die East Side Gallery wieder mal zu besuchen. Beim letzten Mal wurde sie ja gerade von den Initiatoren mit weißen Plakaten überklebt, um gegen den Abriss eines Teilstücks und gegen die touristische Verschandelung zu demonstrieren. Gestern morgen ist nun ein farbenfrohes Werk entstanden, das Berlin bei Tag und Nacht zeigt, in der von Jim Avignon gewohnten plakativen Art. Er vertritt im übrigen die Meinung, dass die Mauer ruhig alle paar Jahre von neuen Künstlern bemalt werden könnte. Eine Touristenattraktion bliebe sie so sicher trotzdem. Ein durchaus interessanter Gedanke, aber mit den künstlerischen Dogmatikern um Kani Alavi sicher nicht so einfach umzusetzen. Mir gefällt das neue Bild und ich wollte es euch nicht vorenthalten. Am besten aber selbst hingehen und anschauen.