„The Waldrapps have left the building“! War vor rund 14 Tagen noch „Stress im Oberhaus„, zeigt sich die Felsspalte im Katharinenfelsen inzwischen verwaist. Nur die beiden Attrappen halten noch die Stellung. Der Rest der Waldrappkolonie hat Überlingen verlassen.


Der Blick in die App „Animaltracker“ zeigte schon vor ein paar Tagen, dass die Waldrappen vor ihrem Abflug in den Süden ein neues Domizil im Hinterland gefunden haben. Einzelne Tiere sind auch früher schon mal dorthin geflogen, aber scheinbar immer nur kurz. Mein erster Versuch sie dort zu finden und zu fotografieren schlug damals fehl. Keine Waldrappen weit und breit. Vielleicht hätte ich aber auch nur besser suchen sollen.


Also neuer Versuch am letzten Sonntag, irgendwo müssen sie ja sein. Die Tracker an den Tieren lügen ja nicht. Als ich mit meinem Rad am möglichen Zielort ankomme sind aber wieder keine Waldrappen zu sehen. Mist. Aber stopp, da fliegt etwas. Und das was da fliegt ist weder ein Storch – nicht weiß genug – und auch kein Raubvogel – zu elegant – und landet ein ganzes Stück vor mir auf einer Wiese.


Ich habe mit der Kamera und dem Tele gespannt den Flug und die Landung verfolgt und kann mein Glück gar nicht fassen: Da sind sie ja. Gut versteckt im halbhohen Gras laufen sie umher. Rupert, Zoppo, Marcello, Urmel, Ciop, Bernardo, Vincino, Limoncello, alle da, plus jede Menge Nachwuchs. Aus den ursprünglich acht Vögeln sind inzwischen zwanzig geworden. Die Jungvögel haben noch blaue statt rote Augen und gehen ihren Eltern auf die Nerven.

Alle laufen umher, picken und fressen was das Zeug hält und ignorieren mich geflissentlich. Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich auch einfach auf die Wiese hätte setzen können und sie wären um mich herum gelaufen. Aber eine Flucht wollte ich nicht riskieren, daher habe ich schön Abstand gehalten, ist ja mit dem Tele kein Problem.


Endlich hatte ich die Möglichkeit die faszinierenden Ibis-Vögel auf Augenhöhe zu fotografieren, die sich so lange Zeit nur in luftiger Höhe gezeigt hatten. Trotz mittäglicher Hitze hab ich Bild um Bild geschossen und konnte mich gar nicht trennen. Am Ende sind es rund 150 Fotos geworden und ein kleiner Film. Eine Auswahl davon zeige ich hier.

Die Jungvögel picken permanent an den erwachsenen Vögeln, stupsen an die Schnäbel und machen mit einem trillerähnlichem Laut auf sich aufmerksam: Sie wollen gefüttert werden. Das führt aber zu nichts, sie sind inzwischen alt genug genug um selbst nach Futter zu suchen. Die Wiese ist groß und so ziehen alle Vögel suchend und pickend von links nach rechts, immer wieder den Schnabel nach oben hebend und etwas verschluckend.


Bevor ich in der Sonne umkippe, trenne ich mich schweren Herzens von der Waldrappkolonie. Herz und Kopf sind voll toller Eindrücke dieses merkwürdigen, aber schönen Vogels. Ich bin sehr dankbar, dass sie mich so nah an sich herangelassen haben, ohne zu flüchten. Vielleicht sind sie aber Menschen noch aus ihrer erfolgten händischen Aufzucht gewohnt. Ich konnte sie nicht fragen. Ein besonders schönes Exemplar habe ich mir bis zum Schluss dieses Beitrags aufgehoben. Schön, oder?

Damit schließe ich die Berichte über die Überlinger Waldrappen für dieses Jahr ab, es war eine tolle Zeit und ich konnte viele Fotos auf die Speicherkarte bannen. Mit diesem Beitrag sind es insgesamt 6 Waldrappgeschichten in meinem Blog geworden und ich wünsche den Waldrappen einen guten Flug in die Überwinterung – diese Kolonie wird wohl wieder über die Alpen in die Toskana fliegen – und auf eine glückliche Wiederkehr im nächsten Jahr.
Hier noch der kleine Film, den ich auf Youtube hochgeladen habe. Endlich kann man die Vögel auch mal in Bewegung sehen. Ich vergesse leider immer wieder, dass ich mit der Kamera auch filmen kann und das gar nicht so schlecht. Viel Spaß.

