Friede den Hütten

Kreative Bauwerke brauchen kreative Namen - Foto: h|bKreative Bauwerke brauchen kreative Namen – Foto: h|b

Mein letztes Hüttendorf, das ich bewusst erlebt habe, war das im Mörfeldener Wald zu Zeiten der Startbahn-West. Damals ging es um den Protest, den Widerstand, gegen eine dritte Startbahn am Frankfurter Flughafen. Das es heute wieder Hüttendörfer gibt und das mitten in Berlin, hat eher etwas mit Not und einem gesellschaftlichen Gegenentwurf zu tun. So ist zum Beispiel aus dem Zeltlager der Asylsuchenden aus Afrika auf dem Oranienplatz, inzwischen eine respektable Ansiedlung aus zusammengezimmerten Hütten geworden. Es liegt noch genug Holz herum, um die Bauwerke zu verfeinern und auch um neue zu bauen.

Eigentlich soll der Platz ja geräumt werden, nur traut sich politisch – noch dazu kurz vor dem 1. Mai – das keiner zu. Der Bezirk schiebt die Zuständigkeit auf den Senat und der schiebt sie wieder zurück ins Bezirksamt. Solange bleibt alles so wie es ist. Politisch gesehen geht es den „Bewohnern“ um die Abschaffung der Residenzpflicht, das Verbot von Abschiebungen, Abschaffung der Flüchtlingsheime, Recht auf freie Wahl des Wohnortes, Recht auf Arbeit und das Recht auf Bildung. Alles Forderungen die auf der bundespolitischen Ebene entschieden werden müssten. Sozusagen ein gordischer Knoten.

Das Zeltlager der Asylbewerber auf dem Oranienplatz in Kreuzberg - Foto: h|bDas Zeltlager der Asylbewerber auf dem Oranienplatz in Kreuzberg – Foto: h|b

Weniger politisch geht es im zweiten Hüttendorf zu, erstaunlicherweise liegt auch dieses in Kreuzberg. Vielleicht ist das aber auch gar kein Zufall und Kreuzberg bietet dieser Art von Selbstverwirklichung einfach genügend Raum. Ist der Oranienplatz allerdings öffentliches Gelände, ist die Cuvrybrache in Privatbesitz und eigentlich sollen dort auch schon längst die „Cuvry-Höfe“ gebaut werden. Der Investor hat schon weitgehendes Entgegenkommen signalisiert, wurde aber auf der letzten Bürgerversammlung niedergebrüllt. Man gibt seine Freiräume nicht so einfach auf.

Der Tagesspiegel schreibt am Samstag unter der Rubrik „Mehr Berlin“ sogar von der ersten Favela Berlins. Die Holzhütten wachsen zum Teil bereits in die zweite Etage und die Mischung der Bewohner, Punks, Obdachlose, Osteuropäische Wanderarbeiter und Aussteiger bleibt nicht ohne Konflikte. Das Gelände an der schlesischen Strasse ist durch einen mit diversen Werbeplakaten beklebten Bauzaun vor ungebetenen Blicken geschützt, dahinter hebt sich die riesige Brandmauer mit den bekannten Grafittis des Künstlers „Blu“. Die Spree begrenzt die Nordseite des Geländes und bietet im Sommer einen netten Platz für das Genießen von Sonnenuntergängen hinter der Oberbaumbrücke. Mal sehen wie lange sich Berlin das noch leisten kann.

Zeltlager auf der Cuvrybrache an der Schlesischen Straße in Kreuzberg - Foto: h|bZeltlager auf der Cuvrybrache an der Schlesischen Straße in Kreuzberg – Foto: h|b

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