Gegen halb sechs steht die „River Star“, ein Original Mississippi Schaufelraddampfernachbau, ruhig am Ende des Zingster Boddens, unmittelbar neben der Meininger Brücke. Die ist gerade geöffnet und lässt ein paar Segler durch. Doch die Passagiere haben dafür kein Auge, die sind alle Richtung Süden gerichtet. Von dort sollen sie gleich kommen, die Kraniche.
Doch der Himmel sieht leer aus. Manchmal zieht eine Wolke Sperlinge oder Krähen vorbei, doch deswegen ist hier niemand an Bord. Ich schaue mit dem Fernglas zum Horizont und da…. kleine schwarze Schlieren, wie Rauch aus einem fernen Feuer. Noch mehr. Bald ist es eine ganze Kette in mehreren Staffeln. Mit dem Auge sieht man immer noch nichts, doch die Fernglasbesitzer werden immer aufgeregter.
Welle um Welle erscheinen sie nun am Horizont, Hunderte, Tausende. Sie kommen zurück von den Maisfeldern. Zu ihren Ruheplätzen auf der Kirr, der Vogelschutzinsel im Zingster Bodden. Geschützt vor Fuchs und Wildsau. Leise hört man bereits das Trompeten, einzelne sind bereits gelandet. Wir fahren mit dem Schiff die Insel entlang, bis zu den Landeplätzen.

Immer neue Wellen schwingen in einem eleganten Bogen ein, um gegen den Wind landen zu können. Wie kleine Fallschirmspringer fallen sie aus der Luft, genau auf den vorher anvisierten Landeplatz. Die ganze Insel ist auf einmal ein einziges Tröten. Am westlichen Horizont geht die Sonne spektakulär unter, aber die Kranichliebhaber schauen lieber in die andere Richtung. Gegen halb acht ist der Himmel wieder leer, die Kraniche haben ihre Ruheplätze erreicht.