Während zwei wilde Katzen um meine Beine streichen, knattert der Padrone mit seiner Mofa heftig gestikulierend über den Platz, um die Neuankömmlinge auf den Millimeter genau ihre Parzelle zuzuweisen. Aus der Küche weht derweil der Geruch von scharf angebratener Knoblauchsoße herüber und über den Olivenbäumen spannt sich ein blauer Himmel, ohne den Anflug einer Wolke bei angenehmen 25 Grad.
Das war einer der Gründe, wieso ich bereits damals, Mitte der 80er Jahre zweimal hier auf Sizilien war. Allerdings mit dem Zug. Von Frankfurt/Main bis nach Siracusa. Warum mit dem Zug? Weil ich Eisenbahner bin und einer der Vorteile dabei ist die Möglichkeit umsonst Zug zu fahren. Nicht nur in Deutschland, sondern auch in weiten Teilen Europas. So kostete uns das Ganze, meine Frau und zwei Freunde waren auch mit von der Partie, lediglich die Liegewagekarten. Reine Fahrzeit: 36 Stunden. Nachtzug von Frankfurt nach Rom, kleine Verschnaufpause, Nachtzug nach Siracusa. Dort holte uns Pierro ab.
Zu einer Zeit in der man Reisen nicht über http://www.ichbindannmalweg.de buchen konnte, half entweder das Reisebüro deiner Wahl, oder eine Kleinanzeige in der Zeitung. So erschien damals in der neuen linksalternativen Zeitung „taz“ die folgende Kleinanzeige (sinngemäß): „Ferienwohnung Sizilien, direkt am Meer, Telefon: 0023 3862537“ mehr Info war nicht. Klang spannend und lange Zugfahrten schreckten uns damals nicht ab.
Nach einem Anruf, bei dem sich ein Pierro meldete, war ein Termin gefunden und er versprach uns, dass er zur Ankunft in Siracusa mit dem Auto am Bahnhof stehe, um uns abzuholen. Das wars. Mit der Informationen versehen planten wir unseren Sommerurlaub und saßen irgendwann im Zug. Heute ohne Holidaycheck und genaue Analyse über Google-Maps ein Ding der Unmöglichkeit. Ach ja, wir hatten natürlich den gesamten Betrag vorab überwiesen, das Ganze lief auf Treu und Glauben. Mit einem Sizilianer der deutsch konnte und in Heidelberg studiert hatte.
Es hat dann so gut geklappt, das wir zwei Jahre hintereinander dort Urlaub gemacht haben, am südlichsten Zipfel von Sizilien, zwischen Noto und Ragusa. Und nicht weit davon stehen wir jetzt, 28 Jahre später mit dem Wohnmobil. Die Anreise hat unwesentlich länger gedauert (9 Tage 😉 aber dafür haben wir unterwegs schon viel gesehen. Das Wetter ist jetzt im Mai auf Sizilien immer noch so fantastisch wie damals, aber doch nicht so heiß wie seinerzeit im Hochsommer. Eigentlich eine blöde Zeit um nach Sizilien zu reisen, ging aber damals nicht anders. Morgen werden wir mal dort vorbeifahren, am Strand von Portoballo und nachschauen, ob Pierro da noch lebt. Die etwas verblichenen Fotos zeigen einen braungebrannten Vorzeigesizilianer mit Goldkettchen und schwarzem Lockenhaar. Allerdings sehen wir ja auch nicht mehr so aus wie damals und einer der Freunde der damals mit dabei war, lebt inzwischen nicht mehr. Wir sind gespannt.