Mix it, Baby

Für Menschen die sich nicht zu Fuß bewegen wollen und das Glück haben im inneren S-Bahn Ring von Berlin zu leben, ist hier gerade das Schlaraffenland ausgebrochen. Wir sind damals mit einem Auto nach Berlin gekommen, um nach ein paar Monaten festzustellen, dass es nur rumsteht und einstaubt. Also haben wir es unserem Sohn geschenkt, der gerade eins brauchte. Ein weiterer Glücksfall: mein Arbeitgeber stellte allen Mitarbeitern ein ABC Ticket für Berlin zur Verfügung. Das durfte ich auch privat nutzen. Dafür zahlte ich eine kleine Kostenbeteiligung und etwas Steuern für den geldwerten Vorteil. Aber immer noch wesentlich weniger als ein normales Monatsticket. Ich konnte in Berlin im ÖPNV also fahren was ich wollte. Ich kam mir vor wie Django aus dem alten Witz.

DriveNow E-BMW DriveNow E-BMW – Foto: h|b

Brauchten wir doch mal ein Auto, so nutzten wir in Berlin das Carsharing, was damals noch hochkompliziert war. Im Internet stundenweise buchen, mit einem Schlüssel einen Tresor suchen und aufschließen, den Schlüssel für das Auto rausholen,  das Auto suchen, mit einer PIN Karte öffnen, dann endlich losfahren. Immer mit Blick auf die Uhr. Nachbuchung war nur möglich, wenn das Auto zwischenzeitlich im Internet nicht wieder gebucht war. Eine APP zum nachschauen gab es nicht, da es ja auch noch keine Smartphones gab.

Wollten wir weiter weg fahren und die Bahn kein adäquates zeitliches oder zielgerichtetes Angebot hatte, als Mitarbeiter hatte ich ja auch Freifahrten, nahmen wir uns ein Auto von Sixt oder einem anderen Anbieter, auf die wir als Bahnmitarbeiter auch oft noch Ermäßigungen bekamen. Also schon ganz schön privilegiert das Ganze. In Berlin. Auf dem Land, daher komme ich ja ursprünglich, war und ist ein Auto unumgänglich. Wenn man Glück hat, alle Stunde ein Zug oder ein Bus, zu Randzeiten oft nichts mehr. Carsharing gibt es dort nicht, außer das Teilen mit dem Nachbarn, was dort aber eher selten gemacht wird. Mein Haus, meine Frau, mein Auto. Da wird nichts verliehen.

Inzwischen gibt es Smartphones, Apps und jede Menge „Sharing is caring“. Keine Tresore mehr, keine Schlüssel, nur noch Apps. Buchungen „on the fly“,  Ich muss nur hoffen, nicht allzuweit laufen zu müssen, um zum nächsten Fahrzeug zu gelangen. Waren es am Anfang mehrere Anbieter für Autos, sind inzwischen zwei Platzhirsche übrig geblieben, inklusive ein paar Nischenanbieter. Allerdings kommen wohl auch neue Anbieter auf den Markt. Die Autos stehen in der Regel einfach im Straßenraum, können dort gemietet und dann wieder irgendwo abgestellt werden. Auch auf öffentlichen Parkplätzen für die man eigentlich Parkgebühren zahlen müsste. Davon sind die Anbieter befreit.

Bikesharing Bikesharing – Foto: h|b

Nach den Autos kamen irgendwann die Fahrräder. Am Anfang sehr geordnet mit „CallaBike“ der Bahn. Per Telefon buchbar, glaub das ging am Anfang über SMS oder so und nur an Kreuzungspunkten abzustellen. Neben Berlin in vielen großen Städten bis heute im Einsatz, allerdings unter anderem Label. Irgendwann entdeckten andere Anbieter, oft aus China, das Potential und überschwemmten die Städte mit Leihfahrrädern. Ich schätze mal das in Berlin rund 5000 Fahrrädern irgendwo im Stadtbereich stehen. Oft liegen sie auch, oder bilden Kunstwerke. Der neuste Player ist Uber mit den Jump Rädern. Die ersten Elektrobikes zum mieten.

Jetzt steigern wir die Geschwindigkeit (50 km/h) und steigen auf Elektroroller um. Mit Emmy und Coup stehen inzwischen mehr als 1000 dieser Elektroroller in Berlin. Selbes Prinzip. Mieten per App, losfahren, abstellen wo es gerade passt. Auch für größere Entfernungen in Berlin tauglich. Nur abstellen darf man sie nicht außerhalb des Geltungsbereiches. Und der ist nach wie vor eng umgrenzt und umfasst nicht die Teile Berlins, die weiter außerhalb liegen und durchaus Interesse hätten am „Sharing is caring“ teilzunehmen. Lohnt sich für die Anbieter nicht, die diese Roller ja auch regelmäßig mit neuen Batterien bestückt werden müssen. Da wären Spandau oder Köpenick viel zu weit „draußen“.

E-Scooter E-Scooter – Foto: h|b

Das letzte Bausteinchen sind seit diesem Frühjahr die E-Scooter. Gleich 4 oder 5 Anbieter parkten von heute auf morgen tausende der Scooter im Stadtbereich. Ja, richtig geraten, nur in einem eng begrenzten Gebiet der Innenstadt. Vorher gab es großen Streit. Wo sollen die fahren? Straße? Bürgersteig? Radweg? Ist inzwischen entschieden, aber eh egal, die Nutzer fahren dort, wo es am Besten passt um voranzukommen. Habs letztens auch mal getestet, aber für son Scheiss bin ich glaub ich zu alt. Mit 20 km/h gefühlt zu langsam, und durch die kleinen Räder auch nicht wirklich komfortabel.

Alles zusammen wird als Alternative zum eigenen Auto verkauft. Immerhin hat Berlin die wenigstens Autos pro Einwohner und das Ziel der Jugendlichen, die hier 18 werden, ist nicht unbedingt sofort den Führerschein zu machen. Braucht man hier nicht wirklich um trotzdem überall hinzukommen. Gerade die Scooter taugen allerdings nicht für diesen Ansatz, sie sind zwar eine Ergänzung im ganzen Verkehrsmix, werden aber eher dafür benutzt nicht mehr laufen zu müssen. Ansonsten sind sie ein Fungerät, was Touristen nutzen und bereits aus anderen Städten kennen. Ein weiteres Problem was sich auftut, stehen und standen bereits die Räder unmotiviert auf Bürgersteigen rum, ist das bei den Scootern der Standard. Und nicht an der Hauswand, sondern mitten auf dem Weg, gern auch liegend. Perfekt für Rollstuhlfahrer oder Sehbehinderte. Bin gespannt wo das noch alles hinführt. Vielleicht gibt es ja bald noch E-Skates zum ausleihen. To be continued…

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