Das große Sterben

Verdun
Am Ende bleiben Kreuze – Foto:h|b

Gestern vor einhundert Jahren veränderte ein Doppelmord in Sarajevo die Geschichte der Welt. Vier furchtbare Jahren später waren 20.000.000 Menschen tot. Als ich vor vier Wochen in Verdun war, versuchte ich mir das Grauen vorzustellen, aber es war schlicht unmöglich. Ordentliche aufgereihte Kreuze in der Morgensonne, grasbewachsene Hügel mit wohlgeformten Dellen, dichte Wälder so weit das Auge reicht.

Hier, wo vor langer Zeit über Monate alles umgepflügt wurde, von Mörsern, Granaten. Die Menschen unter sich begrabend, immer und immer wieder. Solange bis nur noch Knochen übrig waren. Diese kann man sich heute noch im Beinhaus von Beaumont ansehen. Aber auch das ist völlig abstrakt. In einer rundherum normalen Welt. Aber was ist schon normal.

Urbane Wiedereingliederung

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Nach einer längeren Auszeit als Reisender ohne festes Ziel, jede Nacht unter einem anderen Sternenzelt, immer den Blick auf das weite Meer, fällt mir die Wiedereingliederung in die Millionenstadt Berlin gar nicht so leicht. Zuerst sind schon die vielen Menschen leicht befremdlich, haben wir doch in unserem Urlaub die größeren Ansiedlungen in der Regel gemieden. Einsame Strände, leere Campinggrounds, kleine Küstendörfchen waren unsere bevorzugten Locations. Jetzt bewege ich mich durch Häuserschluchten, nutze wieder städtische Infrastruktur und….. muss wieder arbeiten. Okay, das ist wichtig. Nur so ist die nächste Auszeit, das nächste ausbrechen wieder möglich. Aber schwer ist es trotzdem. 

Le Tréport

Le Tréport und Mers-les-Bains

Hoch oben über der Stadt, direkt auf der Klippe befindet sich der Stellplatz für die Wohnmobile. Zwischen Klippenrand und Stellplatz ist nur die Straße und ein kleiner, grüner Rasenabschnitt. Dahinter geht es rund 100 Meter in die Tiefe. Aber keine Gefahr, wir stehen sicher. Um es den Bewohnern der Stadt etwas zu erleichtern, hat man direkt in die Klippen einen „Fahrstuhl“ eingebaut, die „Tréport Terasse“. Dieser erspart einem immerhin 350 Treppenstufen nach oben steigen zu müssen.

Le Tréport ist ein nettes kleines Hafenstädtchen und liegt auf der Südseite des Hafens. Mers-les-Bains liegt direkt auf der anderen Seite, mit großem Strand und einer langen Promenade und bunten Holzhäusern in einer Art Bäderarchitektur. Auch hier wird noch wie verrückt geputzt und gewienert, denn in knapp 14 Tagen beginnen in Frankreich die zweimonatigen Sommerferien. Dann bricht hier, wie in vielen anderen Orten wo wir die letzten drei Wochen waren, der Sommerwahnsinn aus. Alle Franzosen stürmen dann die Küsten und jedes Zimmer und jeder Stellplatz wird dann belegt sein.

Ein guter Grund für uns hier langsam die Zelte abzubrechen. Morgen fahren wir die letzte Etappe nach Boulogne-sur-mer, sagen dem Ärmelkanal „Atschöö“ und begeben uns auf den langen Rücksturz nach Hause. Nach Deutschland. Nach Berlin. Merci Frankreich, war „très bien“ bei dir.

Étretat

Der Elefant trinkt Wasser

Heute morgen sind wir bei Le Havre über die „Pont de Normandie“ gefahren, eine gigantische Brücke mit zwei riesigen Pylonen und mächtigen Drahtseilen, die hier die Seine überspannt. Damit haben wir das letzte Teilstück unserer Tour erreicht. Weit sind wir danach nicht mehr gefahren, denn wir wollen ja die weißen Felsen von Étretat besuchen. Der, den wir hier auf dem Bild sehen, hat den Namen „Porte d’Aval“ und sieht, mit etwas Fantasie, aus wie ein Elefant, der mit seinem Rüssel Wasser trinkt. Die Felsnadel daneben nennt sich „Aguille“. Étretat ist ein netter, kleiner Küstenort, der sich, eingerahmt von den berühmten Felsen, zum Ärmelkanal öffnet. Auf jeden Fall ein Besuch wert.

Honfleur

Heute Nachmittag haben wir nach fünf Tagen den Bereich der Landungsstrände in der Normandie mit vielen persönlichen Eindrücken verlassen. Wir haben viele Mahn- und Denkmäler gesehen, Museen besucht, anrührende Filme angeschaut, und trotzdem ist das alles nicht wirklich fassbar. Was letztendlich bleibt sind Kreuze. Daher ohne weitere Worte, drei Bilder von Friedhöfen der Gefallenen. In der Reihenfolge: Amerika – Colleville-sur-mer – 9387 Gräber, England – Douvres-La-Délivrande – 1123 Gräber und Deutschland – La Cambe – 21 222 Gräber. Ruht in Frieden.

Amerikanischer Soldatenfriedhof in der Normandie

Britischer Soldatenfriedhof in der Normandie

Deutscher Soldatenfriedhof in der Normandie